gesichter des viertels

Gesichter des Viertels – Menschen, die das Märkische Viertel prägen

In unserem Viertel gibt es Menschen, die jeder kennt, obwohl man vielleicht nicht ihren Namen weiß. Sie prägen mit ihrer Präsenz, ihren Geschichten und Eigenheiten das Bild des Viertels und werden, ohne es zu planen, zu kleinen „Berühmtheiten“ des Alltags. Oft sind es gerade diese Gesichter, die das Viertel lebendig machen, ohne dass wir viel über sie wissen. Sie sind da, sie fallen auf und sie haben Geschichten, die erzählt werden sollten.

Mit der Rubrik „Gesichter des Viertels“ möchten wir genau diese Menschen in den Fokus rücken. Es geht darum, still bekannte Persönlichkeiten aus dem Märkischen Viertel zu Wort kommen zu lassen, ihre Beweggründe und Lebenswege zu verstehen. Menschen, die viele schon gesehen haben, deren Geschichte aber oft verborgen bleibt. Es ist eine Einladung, hinter die Fassade zu blicken und zu entdecken, was diese Personen bewegt und wie sie unser Viertel zu dem machen, was es ist.


Der Mann in Uniform – im Gespräch:

Den Anfang macht ein Mann, den viele sicherlich schon öfter hier gesehen haben: Der Mann in Uniform. Seit Jahren sieht man ihn in unterschiedlichsten Militäruniformen aus aller Welt durch das Viertel gehen. Seine außergewöhnliche Sammlung an Uniformen ist beeindruckend, doch wer ist dieser Mann wirklich und wie kam es zu seiner Leidenschaft? In einem persönlichen Interview teilt er mit uns seine Erfahrungen, die er in über 30 Jahren gesammelt hat, und gibt einen Einblick in seine außergewöhnliche Sammelleidenschaft. Nun erfahren wir mehr über den Mann, der für viele nur das „Gesicht in Uniform“ ist.

Du bist seit 2003 hier im Märkischen Viertel und seit dem kennen dich die meisten hier als Der Mann in Uniform. Aber wie heißt du eigentlich und was hat Dich damals hierher geführt?

Du hast um die 10 Jahre bei der Berlin Brigade im Wachdienst für amerikanische Anlagen gearbeitet. Was war das Besondere an dieser Zeit für Dich? Gibt es Erlebnisse oder Eindrücke, die Dich nachhaltig geprägt haben?

Diese Zeit hat mich definitiv verändert. Wir standen oft stundenlang in der Hitze oder Kälte in Uniform, das prägt einen schon. Die Kameradschaft, gerade mit den Amerikanern, war besonders, auch wenn ich eher zurückhaltend war. Während die anderen Kameraden oft feiern gingen, zog ich mich lieber zurück. Das Militärische hat mich aber immer fasziniert. Oft mussten wir oben am Teufelsberg patrouillieren, wegen der alten Abhöranlage. Das sind Erinnerungen, die bleiben.

Du besitzt rund 650 Uniformen aus fast allen Ländern der Welt. Was hat Dich an Uniformen so fasziniert, dass Du damit angefangen hast, sie zu sammeln? Gab es ein besonderes Stück, mit dem alles begann?

Vermutlich sind es noch mehr, 650 sind nur die Uniformen. Ich sammle auch andere Dinge, wie Schallplatten. Richtig angefangen hat es mit der Wende (1989), da kamen viele Sachen rüber, die es vorher in dieser Form nicht gab. Meine erste Uniform war britisch, meine Mutter hatte sie mir geholt. Ein einfacher Overall in Tarnfarben, aber ich habe ihn so lange getragen, dass er mir förmlich „chirurgisch“ entfernt werden musste. Damals gab es kaum so etwas für Zivilisten zu kaufen. Nach der Wende änderte sich das und ich habe alles gesammelt, was ich bekommen konnte.

Gibt es eine Uniform, die Dir besonders am Herzen liegt, oder eine, die Du als Highlight Deiner Sammlung siehst?

Es gibt einige, auf die ich stolz bin. Meine japanische Uniform zum Beispiel, die hat lange gedauert, bis ich sie bekommen habe. Oder die aus Luxemburg, die haben nur eine ganz kleine Armee. Und dann natürlich die philippinische, die hat ein bisschen Ärger gekostet, aber das war es wert.

Du hast erwähnt, dass es wichtig ist, welche Uniformen man wann und wo trägt. Gibt es Regeln oder Situationen, auf die Du besonders achtest?

Ja, man muss aufpassen, welche Uniform man wann trägt. Es hängt oft von der politischen Lage ab, wer sich gerade wo bekämpft. Ich habe z.B. eine russische Uniform und eine ukrainische, aber aktuell wäre es unbedacht, damit irgendwo aufzutauchen. Man muss immer respektvoll damit umgehen und darauf achten, dass man niemanden provoziert oder konfrontiert.

Du bist hier im Viertel so bekannt, dass fast jeder Dich sofort erkennt. Wie fühlt es sich an, diese Art von Bekanntheit zu haben, ohne es wirklich angestrebt zu haben?

Es ist ein gutes Gefühl, wenn mich Leute positiv ansprechen, wie das alte Pärchen, das vorbeiläuft und sagt: „Sie sehen heute wieder schick aus.“ Aber natürlich gibt es auch negative Erfahrungen. Einmal kam jemand auf mich zu und meinte: „Wie siehst’n du aus, du Penner?“ In solchen Momenten gehe ich einfach weiter. Manchmal denke ich, ich hätte darauf reagieren sollen, aber meistens ist es besser, es zu ignorieren.

Was war das schönste Erlebnis oder Gespräch, das durch Deine Uniformen entstanden ist? Gab es vielleicht auch Momente, in denen es zu Missverständnissen kam?

Das schönste Erlebnis hatte ich in der U-Bahn, als eine alte Dame mich sah. Sie erkannte meine ukrainische Uniform, fing an zu weinen und hielt meine Hand fest. Sie sprach weder Deutsch noch Englisch, aber man merkte, wie berührt sie war. Das war ein sehr emotionaler Moment. Es gibt aber auch viele Missverständnisse, gerade mit Kindern, die sagen: „Guck mal Mama, da ist die Polizei.“ Die Mutter korrigiert dann: „Nein, das ist Bundeswehr.“ Solche Situationen erlebe ich oft, aber ich nehme es gelassen.

Gibt es eine Uniform, die Du bisher noch nicht gefunden hast, aber unbedingt in Deiner Sammlung haben möchtest? Was macht diese Uniform so besonders für Dich?

Oh ja, da gibt es einige! Eine peruanische Splintertarnung oder ecuadorische rote Tigerstreifen. Außerdem Uniformen aus afrikanischen Ländern, die oft chinesischen Ursprungs sind. Es gibt so viele faszinierende Stücke, die ich noch gerne in meiner Sammlung hätte.

Was würdest Du Menschen sagen, die Uniformen nur mit militärischen oder politischen Aspekten verbinden? Was möchtest Du ihnen über Deine Leidenschaft für Uniformen mit auf den Weg geben?

Manche verstehen nicht, warum ich das mache, aber das ist in Ordnung. Ich sehe Uniformen als Kunst. Die Farben, die Muster, wie sie zusammenwirken, dass hat etwas Künstlerisches und Historisches. Wenn ich vor meinem Schrank stehe und die Uniformen betrachte, ist es wie vor einem Gemälde. Jeder sollte die Kleidung, die er trägt, mit Respekt und als Ausdruck einer Geschichte sehen.

Franks Geschichte zeigt uns, wie tief seine Faszination für Uniformen reicht. Für ihn sind sie nicht nur Kleidungsstücke, sondern Ausdruck von Geschichte, Identität und Kunst. Jede Uniform erzählt eine eigene Geschichte, jede Naht, jedes Muster spiegelt eine Kultur wider. In einer Welt, die oft auf das Äußere reduziert, zeigt Frank, dass das, was wir tragen, mehr ist als bloße Hülle. Es ist Teil unseres Erlebens und Erkennens. Die Kunst steckt nicht nur in den Farben, sondern auch in der Geschichte, die sie tragen.

Mit dieser Rubrik wollen wir regelmäßig neue Gesichter des Viertels vorstellen. Denn jede Geschichte zählt und manchmal sind es gerade die stillen Bekannten, die das Leben in der Nachbarschaft auf ihre eigene Art bereichern.

VonLux

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