Am Wilhelmsruher Damm 120, hängt seit Jahren eine Gedenktafel am Betonpfeiler. Viele sind vermutlich schon daran vorbeigelaufen, ohne hinzusehen. Doch wer stehenbleibt, entdeckt den Namen eines Mannes, der wie kaum ein anderer mit Feder, Pinsel und Seele gegen das Vergessen angekämpft hat: Roger Loewig (5.9.1930 – 4.11.1997) – Maler, Zeichner, Dichter. Und, wie man erfährt: Bewohner des Märkischen Viertels.
„Daß mir nur dieses eine bliebe
nur dieses schmale, stumme deutsche Land
das ich so hasse, das ich liebe
an das ich eisig festgebrannt“
So endet der Text auf der Berliner Gedenktafel, die uns plötzlich daran erinnert, dass Geschichte nicht nur in Büchern steckt, sondern auch in unseren eigenen Häuserzeilen. Loewig lebte und arbeitete hier, unterstützt von seiner Lebensgefährtin Creszentia Troike-Loewig, nachdem er 1972 die DDR verlassen musste. Er war unbequem, weil er sich traute, hinzusehen, auszusprechen, was andere nicht hören wollten. Seine Kunst war keine Zierde. Sie war Zeugnis.

🎨 Der Zeichner gegen das Vergessen
Roger Loewig war kein Künstler der leichten Linie. Seine Werke sind voll von gebrochenen Körpern, verdrehten Gesichtern, Leidenslandschaften. Er zeichnete das Unsichtbare sichtbar, ohne es zu verschönern. Viele seiner Zeichnungen wirken wie aus Träumen herausgeschürft, oder aus Albträumen.

Er war ein Zeitzeuge, der nicht nur erinnerte, sondern mahnen wollte. Nicht aus Überheblichkeit, sondern aus der tiefen Hoffnung heraus, dass Menschlichkeit immer wieder möglich ist, selbst dort, wo sie lange verweigert wurde.
In der DDR wurde Loewig 1963 verhaftet. Der Vorwurf: „staatsfeindliche Hetze“, weil seine Zeichnungen unbequem waren. Doch Kunst lässt sich nicht einsperren. 1972 durfte er ausreisen, ließ das Regime hinter sich, aber nicht die Erinnerung. Sein Werk blieb unbequem, ehrlich, verletzlich.
Dass er sich später ausgerechnet das Märkische Viertel als Lebensort suchte, wirkt heute fast symbolisch: ein Ort der Widersprüche, zwischen Hochhäusern und Hoffnung, zwischen Beton und Begegnung. Ein Zuhause für einen, der nirgendwo so recht dazugehörte.
Wenn du das nächste Mal an der Wilhelmsruher Damm 120 vorbeikommst, bleib einen Moment stehen. Und vielleicht spürst du, dass Geschichte manchmal gar nicht so weit weg ist. Manchmal wohnt sie direkt nebenan.
📍 Standort der Gedenktafel
🏠 Wilhelmsruher Damm 120, Märkisches Viertel, Berlin
📅 Enthüllt nach seinem Tod 1997
📖 Mehr über Roger Loewig: https://www.roger-loewig.de/
Manch ganz normaler Nachbar war größer, als es je ein Preis oder Ruhm ausdrücken könnte. Roger Loewig war einer davon.